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Der Tourismus ist eine Schlüsselindustrie in Prag. Aus aktuellem Anlass ein Interview mit Jürg Zwahlen, Schweizer Immobilienfachmann und Hotelier in Prag.

 

Noch vor 8 Monaten hat sich Jürg Zwahlen mit „Luxusproblemen“ beschäftigt: Damals, mitten im Umbau vom Prager „MOSAIC HOUSE“ von einem Hostel in ein Viersterne-Hotel, ging es um Fragen wie natürliche Beleuchtung, Materialien, Haptik, Design, Wohlfühlfaktoren und ob das Haus nun nach „natürlichem Bambus“ riechen sollte oder doch eher traditionelle Düfte wie in anderen Hotels eingesetzt werden.
Der Lockdown während den Bauarbeiten hat alles verändert: Das Design-Hotel “Mosaic House“ hat seit 25. May geöffnet, die Branche wurde jedoch massiv durchgeschüttelt und der Hotelier muss sich mittlerweile „in einer anderen Welt“ durchschlagen.
Wie ein Hotelier und Immobilien-Investor sieht Zwahlen nicht aus: In Jeans, roten Turnschuhen und einem Hoodie empfängt der Schweizer, der schon seit 23 Jahren mit Familie in Prag lebt, zum Gespräch.

Mir war sofort klar, wie riesig die ökonomischen Konsequenzen werden. Meine drei schlaflosen Nächte hatte ich damals.

 

Magazin: Wie haben Sie konkret den Lockdown erlebt?
JZ: Wir waren mitten im Umbau, die Nachrichtenlage war klar. Aber es war irgendwie abstrakt. Und als dann der Lockdown kam, waren wir alle geschockt. Mir war sofort klar, wie riesig die ökonomischen Konsequenzen werden. Insbesondere für den Tourismus. Meine drei schlaflosen Nächte hatte ich damals. Seither schlafe ich wieder gut und nutze die Energie, um das Beste aus der Situation zu machen.

 

Magazin: Was bewirkten die drei schlaflosen Nächte?
Wir haben uns entschlossen, unter Berücksichtigung der Hygiene-Auflagen, das Hotel fertigzustellen und am 25.May zu eröffnen. Da wir eine Neueröffnung waren, gab es nicht viele Alternativen: Wir wollten das „schlechte Jahr“ nutzen, um uns einen Ruf aufzubauen. Betriebsbedingte Kündigungen, ohne es wenigstens versucht zu haben, waren keine Option.

 

Magazin: Wie war die Stimmung an der Eröffnung des Hotels?
Wir waren froh, dass es nun endlich losgehen kann. Aber mit nur einem Gast und 25 Mitarbeitern… Die Atmosphäre war gespenstisch und an eine Eröffnungsfeier war nicht zu denken, uns war auch nicht zum Feiern zumute. Wir hoffen nun auf eine Eröffnungsfeier im Oktober.

Ich kenne eigentlich niemanden im Tourismus in Prag, der derzeit nicht ums Überleben kämpft.


Magazin: Wie ist die Stimmung in der Branche?
JZ: Schlecht. Ich kenne eigentlich niemanden im Tourismus in Prag, der derzeit nicht ums Überleben kämpft.

 

Magazin: Waren Sie vorbereitet auf eine solche Krise?
JZ: Wir waren sehr gut vorbereitet. Nach zehn Jahren Boom musste jeder mit einer Rezession rechnen. Wir haben vorgesorgt. Aus den guten Jahren haben wir Reserven gebildet. Eigentlich wollte wir diese dann antizyklisch investieren und in der Rezession wachsen.
Mit dem „Black Svan“ Covid haben wir jedoch nicht gerechnet: Das hat auch uns auf dem falschen Fuß erwischt. Seit März leben wir von den Reserven. Das ist eigentlich auch gut so, und so sollte verantwortungsvolles Unternehmertum sein. Aber im Winter oder bei erneutem Lockdown werden auch wir an unsere Grenzen stoßen.

 

Magazin: Was macht Ihre Firma derzeit konkret, um die Herausforderungen zu meistern?
JZ: Wir machen alles menschenmögliche, um vom sehr kleinen Markt ein möglichst großes Stück abzubekommen. Hier müssen wir egoistisch und unternehmerisch denken: Wir sind in hartem Wettbewerb mit der Konkurrenz. Trotzdem versuchen wir auch, verantwortungsvoll zu handeln und die Krise nicht zu verstärken: Wir investieren derzeit antizyklisch und langfristig: Soeben haben wir zwei IT-Projekte abgeschlossen: Eine neue Software, welche uns die Marktanalyse erleichtert und einen neuen Server. Alle Häuser werden derzeit aufgerüstet. Wir versuchen, uns einen guten Ruf aufzubauen und in Trainings zu investieren. Punktuell ergreifen wir Gelegenheiten und ergänzen unser Team mit Top-Leuten, welche jetzt auf dem Markt zu finden sind. Wir würden gerne unser viertes Hotel komplett renovieren während der Krise, aber hier warten wir seit 2 Jahren auf Bewilligungen.

 

Magazin: Wie sieht es aus mit Staatlicher Unterstützung?
JZ: Wir haben während dem Lockdown Gehaltszuschüsse bekommen. Dafür sind wir dankbar. Mietzuschüsse bekommen wir keine, da wir auch Besitzer der Immobilien sind. In diesem Punkt sind wir doppelt getroffen. Die Mehrwertsteuersenkung ist gut gemeint, ist jedoch beim derzeitigen Marktvolumen ein Tropfen auf den heißen Stein.

 

Magazin: Was erwarten Sie vom Staat oder der Stadt Prag?
JZ: Darlehen werden der Branche wohl kaum helfen. Die Verschuldung wird bei vielen bald zu hoch. Gut wäre gewesen, die diversen Staatshilfen an Airlines mit Konditionen zu verbinden: z.B. eine Mindest-Zahl an Flügen und Destinationen und eine Regulierung der unsäglichen kurzfristigen Stornierungen. Teurere und regelmäßige Flüge, dafür limitiert auf 50% der Sitzplätze wäre vernünftig und würde den Reisenden Sicherheit und Planbarkeit geben.
Persönlich erwarte ich nicht viel vom Staat oder von der Stadt: klare Rahmenbedingungen und Regeln, welche für alle gleich sind und dann auch einige Zeit gelten würde unsere Planung und das Geschäft erleichtern. Das sah ich schon vor der Krise so, und daran hat sich nichts geändert.
Falls es im öffentlichen Interesse ist, den Tourismus in dieser Form und Volumen zu erhalten, dann muss der Staat etwas unternehmen und die Branche fair und für alle gerecht entlasten oder in geeigneter Form unterstützen.

 

Magazin: Mussten Sie bereits Mitarbeiter entlassen?
JZ: Zum Glück mussten wir noch keine betriebsbedingen Kündigungen aussprechen. Auch das ist Unternehmertum: Sie können nicht die Menschen, welche Ihnen die Gewinne der letzten 9 Jahre erwirtschaftet haben, beim ersten Sturm von Bord werfen. Endlos können wir das aber auch nicht durchhalten. Wir hoffen, dass sich die Mitarbeiter auch in guten Zeiten daran erinnern werden. Das ist unsere Art von Mitarbeiterbindung.

 

Magazin: Wie sehen Sie die Zukunft Ihrer Branche?
JZ: Dieses Jahr ist im Eimer. 2021 wird bestenfalls ein hartes Rezessionsjahr. Ab 2022 hoffen alle auf eine Normalisierung. Es wird derzeit jedoch auch viel geschrieben, was ich gar nicht teile: Geschäftsreisen werden auch in Zukunft notwendig. Die Menschen werden auch in Zukunft Städtereisen unternehmen und Urlaub in anderen Ländern verbringen. Der Städtetourismus wird es sehr hart haben, sich jedoch auch erholen.

 

Magazin: Sehen Sie auch eine Chance in dieser Krise?
Wir sehen, dass in Prag eine Marktbereinigung bereits stattfindet. Die Bettenzahl könnte im Winter noch massiv zurückgehen. Wohnungen werden wieder ihrem ursprünglichen Zweck zugeführt und langfristig vermietet. Das ergibt auch Chancen: Wer es überlebt könnte langfristig als Gewinner dastehen. Aber der Preis wird hoch: viele werden auf der Strecke bleiben.
Als Bewohner von Prag sehe ich hier auch eine einmalige Gelegenheit vom „Over Tourism“ der letzten Jahre mit seinen unglaublichen Auswüchsen wegzukommen. Das war übrigens auch einer der Gründe, warum wir unser Hostel in ein Hotel umgebaut haben: Früher hatten wir 400 Betten und 1.4 Nächte durchschnittliche Aufenthaltsdauer, jetzt haben wir 188 Betten und bei Hotels ist die Aufenthaltsdauer länger. Das ist besser für unsere Firma und für unsere Nachbarn und für die Stadt.

Grundsätzlich glaube ich aber nicht an Verhaltensänderungen beim Homo Sapiens. Man müsste das durch Regulierung in die richtige Richtung lenken. Aber hier fehlt mir ein wenig der Glaube, da es eine klare Vision braucht und eine Regulierung müsste dann an mehreren Stellschrauben gleichzeitig ansetzen: z.B. Verteuerung der Landetaxen, hohe City Tax für die ersten 2 Nächte, dritte Nacht Gratis und ab der vierten Übernachtung: Zuschüsse (negative City Tax querfinanziert von den kurzfristigen Abgaben).
Es gibt hier ganz viele Hebel, wo man ansetzen kann. Wichtig wäre jedoch, dass alle Hebel in die gleiche Richtung gestellt werden und dazu auch noch gleichzeitig. Wir arbeiten an Modellen, wie wir das im kleinen Rahmen versuchen können.

 

Magazin: Betreffend Nachhaltigkeit: Mosaic House ist ein nachhaltiges Hotel. Beeinflusst die derzeitige Lage Ihre Strategie betreffend Nachhaltigkeit?
JZ: Überhaupt nicht. Wir sind überzeugt, dass der Markt für Umweltbewusstes Reisen steigen wird. Wir haben die umweltfreundlichen Technologien und Maßnahmen damals auch aus Überzeugung gemacht. Übrigens sind wir jetzt froh: Die Fixkosten eines grünen Gebäudes sind viel tiefer. Auch das könnte sich jetzt als Vorteil erweisen.

 

Magazin: Was ist Ihre persönliche Lehre aus dieser Krise?
JZ: “Always expect the unexpected” und Reserven aufbauen in guten Zeiten.
Dazu: diversifizieren, egal wie. Hauptsache, die Risiken sind verteilt. Falls wir nur Hotels hätten, dann hätten wir jetzt noch viel größere Probleme.
Last but not least: Ein bisschen Demut würde unserer Branche gut anstehen. Anderen Branchen aber auch.

 

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